Ausblick Q4: Was bringt der Herbst bei Aktien, Bonds und Gold? +++ Griechenland ein Emerging Market – echt jetzt?
Philip Gisdakis: Diese Zinssenkung kann man werten als, die FED hat den Fuß ein wenig von der Bremse genommen. Denn bei den 4,5% Zinsen oder 4,25 bis 4,5, die es ja davor waren, muss man wirklich sagen, war das tatsächlich eher restriktiv. Das heißt, sie nehmen ein bisschen den Fuß von der Bremse.
Helen Windischbauer: Ich als Portfolio-Managerin gebe hier als Antwort, dass eine Position in Gold alternativlos ist Und ja, der Preis erscheint sehr hoch, aber die Gründe sprechen derzeit weiterhin für eine Position im Portfolio mit Gold.
Titus Kroder: Tja, die ersten gelben Blätter fallen, erste Lebkuchen werden gesichtet und das letzte Kalenderquartal des Jahres steht nun unmittelbar vor der Türe und das nehmen wir zum Anlass, schon mal hineinzuschauen in die nächsten drei Monate. Was wird, was könnte sich an den Finanzmärkten 2025 noch tun? Wo liegen für Investoren und Investorinnen Chancen und wo aber auch Risiken. Hallo und herzlich willkommen zunächst, sagt zu dieser Ausgabe des HVB Markt-Briefings Titus Kroder und zum herbstlich bunten Blick nach vorn an den Kapitalmärkten haben wir natürlich wie immer hochkarätige Fachleute im Gespräch, zum Beispiel Helen Windischbauer, Head of Multi-Asset-Lösungen bei Amundi dem größten europäischen Vermögensverwalter Willkommen zurück Helen, wir freuen uns und sind gespannt auf deine Analyse.
Helen Windischbauer: Vielen Dank, ich freue mich dabei zu sein.
Titus Kroder: Philipp Gisdakis ist längst wieder am Schreibtisch und schon wieder voll in der Betrachtung aller Facetten der Finanzmärkte. Er ist Chief Investment Officer der HVB. Grüße auch an dich, Philipp. Hallo, schön wieder hier zu sein. An einem aktuellen Thema kommen wir zu Beginn nicht vorbei, an den Notenbanken nämlich die US-Notenbank FED hat nun erstmals seit sehr langer Zeit und erstmals auch in diesem Jahr übrigens den Zins gesenkt moderat zwar um 0,25 Prozentpunkte, aber immerhin genauso erwartet, lautet die Frage an euch.
Wichtiger noch, kommt da in diesem Jahr noch mehr, Helen, wie siehst du das?
Helen Windischbauer: Erwartet ja. Also die Märkte haben es erwartet. Wir haben es als Haus auch schon längst erwartet. Endlich hat diese lange Zinspause in den USA ein Ende und unserer Einschätzung nach wird es weitergehen. Im Oktober und im Dezember nochmal zwei weitere Schritte voran 25 Basispunkte. Also spannend bleibt weiterhin der Blick auf den Arbeitsmarkt aus Sicht der FED, also der US-Zentralbank, aber auch natürlich die weitere Entwicklung der Inflation oder vielmehr sogar der Inflationserwartungen. Deshalb wurde auch gestern bekannt gegeben, dass es ein Risk-Management-Cut war. Das war tatsächlich etwas unerwartet und wurde auch etwas verhalten von den Märkten aufgenommen. Aber trotzdem, die Tür steht offen für weitere Zinssenkungen in diesem Jahr.
Titus Kroder: Also weist der Zinspfad wahrscheinlich in den USA noch weiter nach unten.
Philipp, deine Einschätzung zur US-Demokratie Zinssenkung. Es schwingt ja da auch immer derzeit eine politische Komponente mit. Donald Trump wollte nicht nur 25 Basispunkte sondern gleich eine Zinssenkung um 100 Basispunkte haben. Er setzt die Notenbank auch personell stark unter Druck. Man befürchtet sogar, dass die geldpolitische Unabhängigkeit der Fed wackelt.
Wie viel Trump steckt in dieser jüngsten Zinsentscheidung? Wie sehen das die Märkte?
Philip Gisdakis: Ja Titus, das war in der Tat eigentlich eine der großen Fragen bei der Zinssetzung, denn dass da eine Zinssenkung kommt, das war weit erwartet und auch vollständig eingepreist. Jetzt muss man dazu sagen, wenn man sich die Daten anschaut und insbesondere die Abkühlung des Arbeitsmarkts, den Helene ja auch schon zitiert hat, dann war diese Zinssenkung tatsächlich wirtschaftlich gerechtfertigt und besonders interessant war, dass es in dem Entscheidungsgremium nur sozusagen eine einzige abweichende Stimme gab, die eine stärkere Zinssenkung befürwortet hat.
Das war also fast einstimmig. Und ich glaube, solange wir in diesem Modus sind, dass das wie gesagt so eine Art Risikomanagement oder Versicherungscut war, um die wirtschaftliche Abkühlung in den USA, die man eben schon am Arbeitsmarkt erkennen kann, entsprechend zu moderieren, dann werden die Märkte das auch nicht als politischen Druck werten.
Natürlich ist es so, ist die Frage in den kommenden Monaten, wie weit geht das und welches wirtschaftliche und welches Datenumfeld und natürlich auch welcher politische Druck begleitet dann weitere Zinssenkungen. Diese Zinssenkung kann man werten als die FED hat den Fuß ein wenig von der Bremse genommen, denn bei den 4,5% Zinsen oder 4,25 bis 4,5, die es ja davor waren, muss man wirklich sagen, war das tatsächlich eher restriktiv.
Sollten jetzt Zinsen weit im expansiven Bereich irgendwann mal von der Zentralbank angelegt werden und die Inflation bleibt nach wie vor zu hoch, dann wäre das eine andere Geschichte. Aber da sind wir im Moment noch lange nicht. Im Moment sehen die Zinssenkungen, die sozusagen erwartet werden und auch diskutiert werden, wirtschaftspolitisch durchaus gerechtfertigt aus.
Titus Kroder: Helen, schauen wir doch gleich mal auch auf die Aktienmärkte. Der DAX so etwa ab Mitte Mai dieses Jahres unter dem Strich im Querverlauf aber quasi auf Rekordhöhe. Wie blickst du derzeit auf die europäischen Aktienmärkte. Vielleicht auch mal etwas detaillierter beschrieben. Welche Branchen, welche Unternehmensgrößen sind in den nächsten Monaten für euch bei Amundi noch besonders aussichtsreich?
Helen Windischbauer: Grundsätzlich sind wir positiv auf europäische Aktien. Natürlich gibt es immer mal wieder taktische Überlegungen zu sagen, gut, dafür nimmt man jetzt eine andere Region ein bisschen stärker ins Portfolio auf. Aber als Basisinvestment europäische Aktien finden wir sehr interessant. Warum ist das so? Das reflektiert auch der DAX, vor allem getrieben von den Fantasien und der Hoffnung, dass die, ich nenne es jetzt mal etwas provokativ, Schuldenprogramme in Deutschland hierzu Wachstumsimpulsen in Deutschland, aber auch grundsätzlich für Europa wirken können.
Da sind wir noch nicht klar.Wir wissen selber, in Aktienmärkten ist auch viel Abschätzung vorweggenommen. Allerdings sehen wir jetzt ja auch aktuell an den Diskussionen im Bundestag, dass ein Herbst der Reformen anvisiert ist. Und hier besteht weiter die Hoffnung, dass nun die wichtigen Projekte, die angestoßen werden müssen, Investitionsprojekte in Straßen, in Bildung beispielsweise, dass die weiter Fahrt aufnehmen, allen voran in Deutschland und entsprechende Auswirkungen auch auf andere Länder in Europa haben.
Du fragtest noch nach Branchen oder nach bestimmten Styles. Interessant für uns sind weiterhin Small Mid Cap Unternehmen, vor allem Unternehmen, die inlandsorientiert oder auch europaweit agieren, weil die von diesen Impulsen stärker profitieren können. Interessant sind auch Finanzwerte, denn wir gehen weiter, sowohl in Europa, aber auch in den USA von einer Versteilerung der Zinsstrukturkurve aus.
Hiervon werden Finanzwerte weiter profitieren können und tatsächlich halten wir uns eher von Unternehmen fern, die sehr stark exportorientiert sind, denn der starke Euro, gerade mit Importen oder Exporten in die USA, könnte auch hier die Unternehmensergebnisse etwas beeinträchtigen.
Titus Kroder: Die sogenannte Rotation vieler Investoren aus den USA in europäische Werte die ist ja nun schon einige Zeit her. Spürt man da noch etwas von und wenn ja, was bleibt denn dann noch in den USA interessant für Anleger und Anlegerinnen aus europäischer Blickrichtung?
Helen Windischbauer: Also was wir gerade in den Sommermonaten sehr stark beobachten konnten, war wieder ein Fokus der internationalen Investoren auf die Max7, wenn nicht sogar auf die besonderen acht Unternehmen im S&P 500, die dann tatsächlich seit den Sommermonaten sehr stark Marktkonzentration im S&P 500 Index wieder ausbauen konnten.
Was war hier der Grund für? Vor allem eine sehr gute Unternehmensberichtssaison im zweiten Quartal. Die Tech-Unternehmen haben wieder sehr starke Unternehmensergebnisse, Gewinne berichtet. Und es erschien auch, dass der Deep-Seek-Moment Anfang des Jahres herausgehend aus China etwas abgearbeitet werden konnte.
Und nicht zu vergessen, auch den großen Tech-Unternehmen hilft natürlich ein schwacher Dollar, denn die sind mit ihren Lösungen für die KI sehr stark auch exportlastig. Von dem her konnte man hier sehr stark profitieren. Also das ist das eine zum Thema USA. Insgesamt natürlich auch die Hoffnung, dass die Handelsdeals, gemeint die Zöllebelastung, nicht allzu groß werden wird und es ist tatsächlich auch so, selbst wenn der Arbeitsmarkt in den USA jetzt etwas Schwäche zeigt, die Grundsubstanz der US-Wirtschaft ist noch relativ robust derzeit und das spiegelt sich entsprechend auch an den Aktienmärkten wieder, nämlich über die gestiegenen Gewinnerwartungen in den USA bei den Unternehmen.
Titus Kroder: Wenn du von den Mac 7 oder Mac 8 sprichst, dann meinst du die großen amerikanischen Technologieunternehmen. Das nur als Hinweis an der Stelle. Philipp, wie lässt sich eure Anlagemeinung kurz zusammenfassen bei Aktien allmählich wieder übergewichten, ist das der Tenor? Wie macht ihr das bei euch im Portfolio mit Blick auf den Rest des Jahres und vielleicht auch, welche Sektoren stehen da im Fokus?
Philip Gisdakis: Das war tatsächlich in unserem letzten Investmentkomitee eine sehr heiß und intensiv debattierte Frage. Soll man Aktien jetzt schon wieder auf Übergewicht nehmen? Es gab einige Proponenten in unserem Gremium, die das durchaus vorgeschlagen haben. Wir haben uns letztendlich dazu entschieden, diesen Schritt noch nicht zu vollziehen. Wir bleiben mit unserer Anlageempfehlung noch bei neutral und das liegt daran, dass es aktuell einfach noch eine ganze Reihe von Belastungsfaktoren gibt, sowohl in Europa, wo eben die Zollthematik gerade noch an den Märkten und auch sozusagen an der Konjunktur, insbesondere in Deutschland lastet und eben die Wachstumsimpulse aus den erwarteten Investitionspaketen noch nicht spürbar sind.
Gleichzeitig haben wir in den USA eben das Thema dieser wirtschaftlichen Abkühlung, die eben mittlerweile auch im Arbeitsmarkt angekommen ist. Wenn man allerdings jetzt ein bisschen mittelfristig also in Richtung nächstes Jahr schaut, dann sieht man durchaus Anzeichen dafür, dass sich das Ganze besser entwickeln könnte in 26 und folgende. Also dass die Wirtschaftsabkühlung in den USA einen Boden bildet und das Wirtschaftswachstum sich wieder beschleunigt und auch in Europa sich das Wachstum wieder beschleunigt.
In diesem Umfeld glauben wir, dass eine neutrale Allokation uns die größte Flexibilität gibt, es mit der Volatilität, die wir erwarten umzugehen. Was aber auch wichtig ist, man kann durchaus, und das wäre auch unser Plan, Rücksetzer dazu nutzen, selektiv zuzukaufen.
Titus Kroder: Nun gibt es ja derzeit in den Medien etliche Aufregung auch über das Thema Frankreich, da geht es um Befürchtungen, dass die Staatsschulden außer Kontrolle geraten könnten. Die Risikoanzeiger, die Zinsaufschläge sind für Frankreich und Italien mittlerweile gleich hoch im Verhältnis zu Deutschland. Wie alarmiert muss man denn da nun sein bei europäischen Staatsanleihen Philipp? Und wie viel Gewicht haben die bei euch aktuell?
Philip Gisdakis: Also das Thema Frankreich wird insbesondere in der eher politischen Presse diskutiert. An den Kapitalmärkten sieht man das etwas stärker an den Rentenmärkten. Die Renditen für französische Staatsanleihen sind ein bisschen gestiegen, haben jetzt ein Niveau erreicht von so in der Größenordnung 80 Basispunkte, also 0,8 Prozent über der entsprechenden Rendite in deutschen Staatsanleihe.
Dass zum Beispiel die Renditen für Italien deutlich zurückgekommen sind und sich nur noch ein Stückchen über denen von Frankreich befinden. Also das ist ein Thema, das natürlich mit der Verschuldungssituation zu tun hat. Wenn man sich aber jetzt die Verschuldungstrajektorie Frankreichs anschaut, dann sieht das nicht übermäßig dramatisch aus, sondern der Unterschied zu Deutschland ist im Wesentlichen, dass es Frankreich nicht gelungen ist, anders als Deutschland, nach den großen Anstiegen der Staatsverschuldung, also in der Finanzkrise oder nach Corona, wieder zu konsolidieren, sondern da ging es dann mehr oder weniger seitwärts weiter.
Und das ist ein Thema auf der Rentenseite, weniger auf der Aktienseite. Man muss auch dazu sagen, der französische Aktienmarkt performt nicht so wahnsinnig gut. Das hat aber nicht notwendigerweise was direkt mit Frankreich zu tun. Denn am französischen Aktienmarkt sind große Unternehmen gelistet, die jetzt wenig mit der französischen Binnenkonjunktur zu tun haben, wie zum Beispiel LVMH. Luxusgüter. Das sind Luxusgüter, genau. Und da geht es eher um das Verhalten zum Beispiel der chinesischen Konsumenten, wie die westliche Luxusgüter aktuell einschätzen. Also es ist ein Rententhema, weniger ein Aktienthema, auch wenn der französische Aktienmarkt eher zu den Schwächeren in diesem Jahr gehört.
Titus Kroder: Helene, vielleicht das Thema gleich, weil wir über Anleihen reden, noch etwas erweitert um Unternehmensanleihen, die ja auch für Anleger bisher interessant waren, vom Renditestandpunkt aus, sind die Corporate Bonds dies denn weiterhin deiner Meinung nach?
Helen Windischbauer: Interessant bleiben sie weiterhin. Am aktuellen Rand sind wir zwar etwas neutraler geworden hinsichtlich der Unternehmensanleihen, vor allem im Investment-Grade-Bereich, also das heißt Anleihen mit der besten Bonität. Denn wir sehen hier tatsächlich durch die Einengung der Spreads eine sehr hohe Bewertung. Interessant bleiben aber Unternehmensanleihen weiterhin, denn sie haben weiterhin eine sehr gute Kreditqualität, was ein bisschen dagegen spricht auch wieder taktisch, am aktuellen Rand, ist die doch sehr fair bepreiste Erwartung weiterer Zinssenkungen.
Weil wir wissen, die Unternehmensanleihen, Rendite Performance, Erwartung setzt sich zusammen zum einen in der Erwartung der jeweiligen Unternehmensentwicklung, des begebenden Unternehmens dieser Anleihe, aber auch in der allgemeinen Zinsentwicklung. Und die allgemeine Zinsentwicklung, wir haben es ja vorhin schon bei der FED sehr stark diskutiert, da geht der Markt sehr rational und auch sehr nachvollziehbar von weiteren Zinssenkungen aus. Also auf der Seite ist einfach ein bisschen weniger Performance-Luft gegeben. Grundsätzlich Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich Interessant.
Titus Kroder: Kommen wir auch noch auf die Emerging Markets zu sprechen. Ein Thema, über das wir hier im Podcast lange nicht mehr uns unterhalten haben. Das sind Volkswirtschaften die schnell wachsen, aufstreben aus einem niedrigeren Entwicklungsstand in einen höheren. Da denkt man immer an ferne Länder und Riesenvolkswirtschaften in Asien und Lateinamerika. Da denkt man an China, an Indien an Brasilien. Aber Philipp, du warst erst über den Sommer wieder in einem Emerging Market. Vor der Haustüre, nämlich in Griechenland. Warum zählt man denn bitte ein entwickeltes EU-Land und Mitglied der Eurozone zu den Emerging Markets, das musst du mir jetzt erklären.
Philip Gisdakis: Das ist tatsächlich erstaunlich. Da werde ich immer wieder gefragt, wie denn sich die sehr gut entwickelten griechischen Aktien auf den europäischen Aktienmarkt niederschlagen. Da muss man eben sagen, da sind die gar nicht drinnen. Die sind in den Schwellenländer-Indizes vertreten. Warum ist Griechenland sozusagen ein Emerging- oder ein Schwellenland?
Also von etwa Anfang des Jahrtausends bis 2013 in die Staatsschuldenkrise hinein war es auch tatsächlich ein developed market, ist dann herabgestuft worden. Es gibt im Wesentlichen drei Kriterien, die die Indexanbieter da heranziehen. Also die Wirtschaftsleistung pro Kopf, da erfüllt Griechenland das entsprechende Kriterium.
Dann aber zwei weitere eher marktbezogene Kriterien, nämlich die Größe und die Liquidität der Aktienmärkte und der Marktzugang. Und da muss man eben sagen, dass die griechischen Aktienmärkte sehr konzentriert sind auf einige wenige, der Marktzugang noch nicht so gut ist, wie das in anderen Ländern ist.
Und was in Griechenland ganz wichtig ist, sehr konzentriert insbesondere bei den Finanztiteln, 35 Prozent der Marktkapitalisierung des Athena-Aktienmarkt Aktienindex, das sind Finanzunternehmen und da auch nur, ich sage jetzt mal eine Handvoll, die das entsprechend ausmachen und aus der Marktstruktur also dem starken Gewicht von Finanztiteln erklärt sich auch unter anderem die starke Performance des griechischen Aktienmarktes, denn Bankaktien sind ja europaweit gut gelaufen, insbesondere auch in Griechenland in der Folge des wirtschaftlichen Booms, das eben dann auch die lokalen Banken stark unterstützt. Also es ist ein relativ konzentrierter, relativ kleiner Markt und die Wirtschaftsleistung würde das erfüllen, dass es ein entwickelter Markt ist, aber die Markttechnik noch nicht ganz.
Jetzt muss man allerdings dazu sagen, Standard & Poor's mit seinen Dow Jones Indizes hat im Juli vorgeschlagen, Griechenland wieder in den Status eines Developed Markets zu erheben. Das wird dann möglicherweise 2026 der Fall sein.
Titus Kroder: Immerhin Helene, ihr habt ja bei Amundi zurzeit einen interessanten Blick auf die Emerging Markets mit den US-Zinssenkungen und der aktuell protektionistischen US-Handelspolitik. Könnten diese Märkte wieder spannend werden für Investoren? Wie argumentiert ihr da genau?
Helen Windischbauer: Zum einen schmunzle ich gerade, weil wir einen ausgemachten Emerging Market Griechenland-Experten hier am Tisch im Gespräch haben. Das war auch eine neue Information für mich. Aber tatsächlich, was heißt das jetzt alles, Gesamtkomplex Schwellenländer.
Grundsätzlich sind wir positiv auf die Schwellenländer, denn, und du hast das auch schon sehr schön eingeführt, ist das Wachstum, das wir in den Schwellenländern sehen, deutlich höher im Vergleich zu den entwickelten Ländern. Also wenn wir nur mal davon ausgehen, dass wir in den USA nächstes Jahr ein Wachstum von 1,5 Prozent haben werden, was schon im Vergleich zu Europa mit 0,9 Prozent relativ hoch wäre. So haben wir ganz andere Wachstumserwartungen in den Entwicklungsländern. Also muss man sich nur Indien oder China ansehen, hier hat man deutlich höhere Wachstumserwartungen. Also das ist zum einen schon ein strukturelles Argument für die Schwellenländer. Derzeit hilft tatsächlich die US-Zentralbank-Politik, denn ein niedriger Zins in den USA sorgt auch für einen niedrigeren schwächeren Dollar.
Davon profitieren Entwicklungsländer, denn die verschulden sich traditionell in US-Dollar. Also von dem her haben es hier die Entwicklungsländer etwas leichter. Klar, die Zollpolitik, Handelspolitik ist ein großes Thema für die Entwicklungsländer. Hier muss man wachsam bleiben und man muss auch sauber differenzieren, welche Länder weiterhin interessant bleiben angesichts des vermeintlichen Zolldeals der US-Regierung. Also hier achten wir tatsächlich auch, welches Zollregime herrscht vor, aber bleiben eben wachsam wenn sich das wieder verändert.
Titus Kroder: Gehen wir doch auch nochmal ganz konkret rein in die Länder, an die man da ja normalerweise denkt. China und Indien, die Aktienmärkte dort. Wie interessant sind die konkret für eine Finanzanlage aus unserer europäischen Sicht zurzeit?
Helen Windischbauer: Also spannend, weil ich es gerade erwähnt habe, ist das Beispiel China. Sie haben gerade hier seit den Sommermonaten eine irre Aufholjagd an den chinesischen Aktienmarkt gesehen. Ein Hauptgrund hierfür war tatsächlich, dass der externe Druck, der von der US-Regierung hinsichtlich der Zölle auf China ausgeübt wurde, nachgelassen hat.
Also man hat sich so ein bisschen geeinigt, man ist aufeinander zugegangen. China hat das Kartenblatt, das es in der Hand hatte, sehr geschickt ausgespielt. Denken wir nur an die seltenen Erdenvorkommen aber auch die Verarbeitung derer. Also hier konnte China wirklich punkten. Was ist spannend, vor allem in China beispielsweise?
Zum einen setzt die chinesische Regierung sehr stark auf eine Wachstumsstruktur, auf eine Wachstumslinie. Der Fokus aufs Wirtschaftswachstum. Erwartet werden immer diese 5% Wachstum, aber auch ein deutlicher Fokus auf technische Entwicklung, auf Innovationen auf eine grüne Entwicklung in China und eine Dekarbonisierung. Und davon können viele Branchen in China profitieren Aber nicht nur das. Ein weiterer Fokus der chinesischen Regierung ist weiterhin auf die sozialen, aber auch auf die Lebensbedingungen für die chinesische Bevölkerung. Es gibt viele, viele Möglichkeiten, in China gezielt zu investieren. Natürlich, wir haben es über das Beispiel LVMH gehört, ist die Inlandsnachfrage noch sehr schwach in China.
Die muss sich auch erst wieder stabilisieren und dann wieder sich langsam nach oben holen, hochkämpfen und viele Unternehmen in bestimmten Branchen kämpfen noch mit Überkapazitäten. Das sind natürlich so ein bisschen die Negativfaktoren, die man bei einem China-Investment im Blick haben müsste.
Titus Kroder: Wie sieht es aus mit Indien? Hat man ja auch angesprochen.
Helen Windischbauer: Indien finden wir strukturell sehr interessant. Derzeit ist es interessant, weil die Bewertung ein Stück weit wieder zurückgekommen ist. Auch hier Gewinnrevisionen am Aktienmarkt haben wieder zugenommen. Also wir hatten eine Phase von sehr positiven Gewinnrevisionen, was auch positiv auf das Investment im Aktienmarkt wirkt.
Hier ist auch der Fokus der indischen Regierung auf den Inlandskonsum. Hier werden bestimmte Steuersenkungen geplant, die Auswirkungen haben auf das verfügbare Einkommen oder auch auf die Konsumsteuer. Das sind positive Aspekte, die Indien wieder unterstützen können. Und nicht zu vergessen, es ist ein Riesenmarkt mit einer Milliardenbevölkerung, die ungemein viel Wachstum noch aufholen muss und kann.
Natürlich auch hier, Indien Blick auf die Zölle. Negative Auswirkungen können noch kommen. Allerdings wenn man die Nachrichten sehr eng verfolgt, ist es wieder aufeinander zugehen der US-Regierung auf Indien mit der Hoffnung, dass der indische Markt beispielsweise für bestimmte Einfuhren wie landwirtschaftliche Erzeugnisse sich wieder für US Güter öffnet.
Also hier ist es auch wieder eine Möglichkeit, dass der externe Druck auf Indien auch wieder nachlassen wird, was dann, wenn man sich das Beispiel China ansieht, entsprechende Wirkung auf den indischen Aktienmarkt haben könnte.
Titus Kroder: In Indien, bei indischen Konsumenten ist ja auch Gold sehr weit verbreitet und geschätzt, Gold hat eine riesen Fangemeinde, auch bei Investoren. Inflationsschutz, sicherer Hafen bei geopolitischen Beben, das sind so die Argumente und Vorteile, die man immer wieder hört. Nun sind wir aber doch inzwischen bei einem Goldpreis von über 3600 Dollar angekommen. Da stellt sich schon die Frage, wie hoch ist denn zu hoch? Ist das noch unter dem Aspekt Wertpotenzial attraktiv, Helen?
Helen Windischbauer: Also ich als Portfolio-Managerin, die auch Portfolien betreut und verantworte gebe hier als Antwort, dass eine Position in Gold alternativlos ist in diesem derzeitigen Gemengelage. Wir haben Zentralbanken, die die Zinsen senken. Das heißt, eine Anlage in Gold wird dadurch relativ interessanter, denn Gold per se zahlt ja keinen Zins.
Dafür aber Anlagen, die sich am Zins orientieren, also das heißt sie haben eine relative Verschiebung. Gold ist ein Schutz gegen Geopolitik, du hast es erwähnt Gold ist auch ein Schutz gegen Inflation, also wenn die Inflationserwartung aufgrund von Zöllen wieder steigen sollte, haben wir hier einen Schutz und was auch eine sehr interessante Bewegung ist, selbst wenn die Zentralbankkäufe in Gold in diesem Jahr im Vergleich zum letzten Jahr zwar abgenommen haben, aber die Zentralbanken weltweit gerade in entwickelten Ländern, bauen Goldpositionen auf, um ihr Portfolio zu diversifizieren und vor allem hinsichtlich gegenüber Dollarpositionen zu diversifizieren.
Also es gibt einiges an Gründen, um dabei zu bleiben. Und ja, ich gebe dir recht, der Preis erscheint sehr hoch, aber die Gründe sprechen derzeit weiterhin für eine Position im Portfolio mit Gold.
Titus Kroder: Abschließend noch bitte so kompakt wie möglich, Philipp, wie steht ihr, wie seht ihr den Aktienmarkt für den Rest des Jahres und vielleicht auch noch ein Stückchen darüber hinaus und nachliefern müssten wir eigentlich auch noch, was ist von der EZB zu erwarten, wenn wir schon am Anfang über die FED gesprochen haben, wie sieht da dein Statement aus?
Philip Gisdakis: Ja, kurz und kompakt zusammengefasst, erwarten wir bis Ende des Jahres eine volatile Seitwärtsbewegung. Jetzt ohne einen großen Trend, weder nach oben noch nach unten. Unsere neutrale Quote ist bitte nicht als negativ oder sorgenvoll einzuschätzen. Wir empfehlen eben Rücksetzer für Zukäufe zu nutzen und wie ich das auch schon angedeutet habe, kann ich mir gut vorstellen, dass wir in Richtung 2026 mit einem etwas optimistischeren Ansatz an die Märkte rangehen.
Zu der EZB, unsere Hausmeinung ist, eine weitere Zinssenkung bis zum Ende diesen Jahres, jetzt kam sozusagen der Dotplot mit zwei weiteren, es sieht also ein bisschen konservativ aus und ich würde auch sagen, da gibt es vermutlich dann ein, wie man das schön sagt, Downside-Risiko, dass es möglicherweise dann doch zwei sein werden und vermutlich wird es auch im nächsten Jahr noch weitere Zinssenkungen geben.
Ob es tatsächlich so schnell und so drastisch nach unten geht, wie die Märkte das aktuell einpreisen, das bleibt abzuwarten, wie sich eben der Arbeitsmarkt in den USA und die Inflation entwickelt.
Titus Kroder: Helene dein Szenario, bis Silvester, der Dax dann immer noch seitwärts?
Helen Windischbauer: Grundsätzlich bleiben wir positiv auf die Aktienmärkte. Ja, wir bleiben investiert, wir bauen aber Absicherungen in die Portfolien ein. Also wir haben deshalb nicht die neutrale Position, sondern wir haben mehr eine Overweight-Position, aber investieren immer mit Absicherungen, denn es können einiges an Rückschlägen noch kommen. Wir haben es ja viel diskutiert jetzt im heutigen Verlauf des Podcasts. Was spricht dafür?
Zinssenkungen, Unternehmensgewinne und die Fiskalprogramme vor allem in den USA, Deutschland und Europa. In der EZB und das auch, ich bin kompakt, so schnell es hier geht, kompakt, Europäische Zentralbank, gehen wir von zwei Zinssenkungen aus. Was spricht dafür? Ja, die Wachstumsentwicklung naja, eher mau. Wir haben es auch schon vorhin angesprochen und die Inflationsentwicklung, die im nächsten Jahr unter dem Zentralbankziel von zwei Prozent sein wird.
Titus Kroder: Danke euch beiden. Helen Windischbauer war das, Head of Multi-Asset-Lösungen von Amundi und Philipp Gisdakis, Chief Investment Officer der HypoVereinsbank. Rücksetzer nutzen, um das Aktienportfolio auszubauen. Das war eine der Leitlinien unserer ExpertInnen-Runde. Die festverzinsliche Seite dabei eher mit Vorsicht betrachten und sich mal wieder China oder Indien genauer ansehen, dann könnte das doch etwas werden im letzten Quartal des Jahres mit weiteren positiven Renditen im Portfolio.
Uns, das HVB Markt-Briefing gibt es wieder am 6. Oktober. Melden Sie sich gerne bei uns auf der E-Mail markt-briefing@unicredit.de. Kommentare und Hinweise und Wünsche sind dort jederzeit willkommen. Wir sagen Tschüss bis in 14 Tagen. Wir, das sind:
Helen Windischbauer, Philipp Gisdakis und Titus Kroder. Wir hören uns.