Business Insights Interview

Experten-Interview: Greenwashing vermeiden

Wie entwickelt sich der Markt für nachhaltige Investments für Unternehmen? Antonio Keglevich, Head of Sustainable Finance Advisory bei der UniCredit, klärt über Vor- und Nachteile grüner Finanzierungen auf. Letztere beinhalten insbesondere Greenwashing, also die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens, um seine Produkte oder Aktivitäten in ein „grünes“ Licht zu stellen. In der Folge erfahren Sie, wie Sie dies vermeiden können und worauf Sie bei einer grünen Finanzierung noch achten sollten.
Strategie Keglevich Nachhaltigkeit

Herr Keglevich, wie entwickelt sich der Markt für grüne Finanzierungen?

Sehr gut, vor allem der Anleihenmarkt. Die Global Alliance for Sustainable Investments hat im Jahr 2020 berichtet, dass weltweit bereits jeder vierte Dollar unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten investiert wird. Inzwischen dürfte es sogar deutlich mehr sein.

Wer sich für grüne Finanzierungen entscheidet, beschließt dies in der Regel nicht wegen des Preises. Er trifft diese Wahl, weil er damit ein weithin sichtbares Signal in den Kapitalmarkt senden will: Seht her, ich mache hier gerade etwas ziemlich Sinnvolles. Bitte unterstützt mich dabei."
Antonio Keglevich
Head of Sustainable Finance Advisory bei der UniCredit

Vorteile bei Emission grüner Anleihen:

Geringes Risiko durch hohe Nachfrage

Die Nachfrage bedingt eine hohe Überzeichnung, und die nützt wiederum den Emittenten, weil sie ihnen eine gewisse Platzierungssicherheit verspricht. Das Exekutionsrisiko ist geringer, wenn man in der Lage ist, ein Produkt anzubieten, das eine nachhaltige Relevanz aufzeigt.

Reputationsplus

Unternehmen profitieren von einem positiven Marketing-Effekt, nach dem Motto „Tue Gutes und sprich‘ drüber“.

Höhere Verfügbarkeit von Geldern

Grüne Finanzierungen erweitern natürlich ganz allgemein die Verfügbarkeit von Geldern für die Unternehmen, weil sie die große Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten abdecken.

Haben grüne Produkte auch Nachteile für die Emittenten?

Ja, das kann man nicht bestreiten. Viele Emittenten schreckt der zusätzliche Aufwand ab, der damit verbunden ist. Denn ganz gleich, für welches Produkt sie sich entscheiden, müssen sie ja gegenüber ihren Banken und den Investor:innen nachweisen, dass sie es ernst meinen mit der Nachhaltigkeit. Das heißt, eine grüne Finanzierung zieht auf jeden Fall gewisse Dokumentations- und Nachweispflichten nach sich. Mit links kann man grüne Finanzierungen nicht einfach so mitnehmen. Es ist keine profane Aktivität.

Können Emittenten durch die hohen Überzeichnungen grüner Finanzierungen auch mit einem Kostenvorteil rechnen?

Na ja, schlussendlich ist die Entscheidung, jemandem Geld zu leihen, immer noch in erster Linie eine Kreditentscheidung. Deswegen kann sich im Sekundärmarkt zwischen den Standard-Anleihen und den grünen Anleihen desselben Emittenten eigentlich kein Preisunterschied ergeben.

Was man aber sagen kann ist, dass der Emittent bei einer Überzeichnung möglicherweise mit einer geringeren Neuemissionsprämie gegenüber einer Standardanleihe rechnen kann. Das ermöglicht es in der Regel, zumindest die zusätzlichen Kosten wieder reinzuholen.

Windrad

2016 finanzierten wir die Übernahme eines spanischen Wettbewerbers durch die Nordex, einem norddeutschen Hersteller von Windturbinen. Dies gelang mit einem grünen Schuldschein über 550 Millionen Euro, in dem genau festgeschrieben war, wofür die Mittel verwendet werden sollen. Damit waren wir die erste deutsche Bank, die einen grünen Schuldschein auf den Markt gebracht hat.

Damit haben Sie ein Marktsegment begründet, das jetzt sehr erfolgreich ist.

Absolut. Der Schuldschein ist deswegen so ein wunderbares Finanzinstrument, weil er so flexibel ist. Man kann ihn auch an Kriterien wie ESG-Ratings oder andere KPIs binden und erfolgsabhängig gestalten. All das ist möglich.

Würden sie ihren Kund:innen in gewissen Fällen auch von einer grünen Finanzierung abraten?

Ja, das kommt durchaus öfters vor. Wenn ein Projekt keine Relevanz für Nachhaltigkeit hat, ist es besser, von grünen Finanzierungsinstrumenten die Finger zu lassen. Andernfalls laufen die Kund:innen Gefahr, des Greenwashings bezichtigt zu werden. Und das wäre am Ende weder gut für sie noch gut für uns als Bank, die sie beraten hat. Auch die Nachhaltigkeitsinvestor:innen, welche das Produkt in gutem Glauben gekauft haben, weil es „grün“ betitelt wurde, muss sich seinen Interessensvertreter:innen gegenüber rechtfertigen. Das nützt also am Ende keinem, dafür sind die Reputationsrisiken viel zu hoch.

Deshalb ganz klar: Grüne Finanzierungen sind ein tolles Instrument, wenn es darum geht, die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zu verbessern. Für alles andere sollte wie gehabt auf die üblichen Standardfinanzierungen zurück gegriffen werden.

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Greenwashing sollte vermieden werden – aber was ist noch wichtig für ein nachhaltiges Unternehmen?